Leben und Arbeiten auf einem Spitalschiff
Von Mitte März bis Ende Mai wechselte ich meinen Wohn- und Arbeitsort auf das Mercy Ship in Madagaskar. Die Reise nach Madagaskar führte via Wien nach Addis Abeba, um dann eine Nacht in Antanarivo zu verbringen, bevor es mit einem Inlandflug in die Hafenstadt Toamasina ging, wo die AfricaMercy seit März stationiert ist. Es war ein spezieller Moment, als ich das erste Mal die Treppe zum offiziellen Eingang hochging. Im Laufe der Zeit war es das Normalste der Welt. Nach einer kurzen Einführung zum Schiffsleben konnte ich mein Zimmer für die nächsten neun Wochen beziehen. Ich hatte Glück: Ich teilte mein Zimmer mit nur zwei bis drei weiteren Frauen (hätte auch in einem 10er Zimmer landen können). Da ich an einem Samstag ankam war es eher ruhig auf dem Schiff und so hatte ich noch Zeit, mich zurechtzufinden (habe mich x-mal verlaufen). Nach einem generellen Einführungstag am Montag gab es noch einen spezifischen für die Station am Dienstag, bevor es am Mittwoch dann richtig los ging. Wir von der Pflege arbeiteten im Dreischicht-System, mit Früh-, Spät- und Nachtdienst so wie ich es mir gewohnt war von der Schweiz. Die Patienten, welche ich betreute, waren jedoch nicht Kleinkinder, was normalerweise meine Patienten sind, sondern bunt durchmischt von knapp sechs Monaten bis zu dem 65-jährigen Herr. Auch die Krankheitsbilder/ Operationen waren komplett anders, so war ich hauptsächlich auf der Station mit den Patienten, welche durch einen plastischen Chirurgen operiert wurden. Viele unserer Patienten hatten Brandnarben, welche zu Kontrakuren führten oder überzählige Finger oder Zehen hatten. Einige meiner Patienten waren über sechs Wochen im Spital, bis die Wunden endlich so verheilt waren, dass sie ins Hope Center (eine Art REHA) austreten durften. Das Arbeitstempo war langsamer, als ich es gewohnt bin, so blieb viel Zeit, um mit den Kindern zu spielen oder mit den Erwachsenen zu plaudern (wir hatten lokale Übersetzter).
Wenn ich nicht im Dienst war, verbrachte ich die Zeit mit Lesen am Pool oder in der Hängematte, erkundete die Stadt (zu Fuss oder auf dem Velo) oder genoss einfach die Gemeinschaft mit den anderen. An Bord des Schiffes lebten rund 390 Personen (teils auch Familien) und es waren über 30 Nationen vertreten. Es gab ein Café, einen kleinen Laden, einen Fitnessraum und natürlich einen grossen Speisesaal. Das Leben fühlte sich an wie in einem kleinen Dorf. Es wurde dreimal am Tag für uns gekocht, sodass die einzige Hausarbeit für mich darin bestand, meine Wäsche zu waschen und das Zimmer in Ordnung zu halten.
Zu Beginn verging die Zeit sehr langsam und ich dachte:» Oh weh und ich habe für neun Wochen zugesagt». Doch dies veränderte sich schnell und so gab es einige Momente, wo ich gerne noch länger geblieben wäre. Aber es ist auch schön, nun wieder in der Schweiz in meinem normalen Alltag zu sein.